Liebhaberinnen blutiger Krimis werden Georges Simenons Bücher gelangweilt beiseitelegen und Verfechter politisch korrekter Literatur in ihnen eine Unmenge zumutungsreicher Verletzungen entdecken. Andere aber werden nach der Lektüre von 75 Bänden »Maigret“, den grandiosen Romanen »Sonntag“ und »Brief an meinen Richter“ doch eher dem schweizer Literaturkritiker François Bondy zustimmen. Bondy schrieb über »Das Wunder Simenon“: »Das Zwielicht zwischen Schuld und Unschuld herrscht im Grunde genommen über der ganzen Romanwelt Simenons. Neben der Fremdheit zwischen den Nächsten erscheint das Verbrechen als die noch intimere Fremdheit zwischen dem einzelnen und seiner Tat… Dem Geschehen selber haftet ein fatalistischer Zug an und eben deshalb fordert das Verbrechen, so wie Simenon es sieht, nicht in erster Linie Sühne, nicht einmal Gerechtigkeit und erst recht nicht Vergeltung, sondern vor allem Vertiefung des Bewusstseins.“